
Der Zweck von Terror ist nicht, möglichst viele Menschen zu töten. Das ist das taktische Mittel. Das taktische Ziel ist es, Angst und Schrecken zu verbreiten. Das strategische Ziel ist es, eine Gesellschaft zu destabilisieren.
Die Terroristen haben sich zum Ziel gesetzt, die westlichen Werte anzugreifen. Indem sie Angst und Schrecken verbreiten, schaffen sie ein Klima, in dem wir unsere eigenen Werte verwerfen, um sie zu bekämpfen.

Ich hab die letzten zwei Tage damit zugebracht, mit Leute zu diskutieren, die gerne alle «Verdächtigen» einsperren wollen, die nach Massenüberwachung rufen, die Lager einrichten und Folter («bis zu einem gewissen Grad») rechtfertigen würden. Gezielte Morde ohne Gerichtsurteil kam als Mittel auf, um Terroristen unschädlich zu machen.
Es ist, als ob wir 9/11 und Guantanamo vergessen hätten. Die Amerikaner waren bereits an dem Punkt, haben illegale Foltergefängnisse rund um den Globus eingerichtet, haben mit der NSA eine Überwachungsgestapo etabliert, die niemandem demokratische Rechenschaft ablegen muss und alle Bürger überwachen darf. Die CIA tötet mit Drohnen «Terroristen» in fremden Ländern.
Und? Was hat es gebracht? In Guantanamo sassen nachweislich mehr Unschuldige als Terroristen, die Folter hat nach CIA-Angaben keine brauchbaren Hinweise geliefert und bei Drohnen-Angriffen sterben statistisch immer noch mehr Menschen als «Collateral Damage» als gefährliche Terroristen getötet werden.
Das ist der Weg, wie Terroristen es schaffen, die freiheitlichen Demokratien zu besiegen. Nicht, weil sie Menschen töten, sondern weil wir in der Reaktion darauf unsere freiheitlichen Werte über Bord schmeissen.
Wir haben rechtsstaatliche Mittel, um mit den Terroristen fertig zu werden. Diese unterliegen den Grundrechten, die für jeden Menschen gelten. Das ist einer der Grundpfeiler für unsere Art zu leben. Wir foltern nicht. Wir haben Gerichte, wir haben demokratische festgelegte Gesetze.
Wenn die Terroristen uns nun so verängstigen, dass wir uns selbst die freiheitlich-demokratischen Werte abschaffen, haben sie gewonnen. Wenn wir zu denselben barbarischen Mitteln greifen, um unsere Werte zu verteidigen, haben wir unsere Werte bereits verloren.
«Aber wir müssen für unsere Werte kämpfen!» wird mir da entgegengehalten. Ja, das stimmt. Aber der Zweck heiligt niemals die Mittel. Es gehört noch immer Mut dazu, in Freiheit zu leben. Eine offene, demokratische Gesellschaft ist angreifbar, jederzeit. Eine garantierte Sicherheit gibt es nicht, auch nicht, wenn wir anfangen, antidemokratische und antifreiheitliche Mittel einzusetzen. Im Gegenteil: So entsteht ein Klima, in dem sich noch stärkerer Druck aufbaut und in noch mehr Gewalt entlädt.
Wir beschützen unsere Werte, indem wir sie vorleben. Und wenn das heisst, dass ich dafür angegriffen werden kann, dann ist das der Preis der Freiheit. Wenn wir aber in Reaktion auf barbarische Angriffe selbst zu Barbaren werden, haben wir bereits verloren. Denn wofür würden wir dann noch kämpfen?