
(Warnung an meine Stammleser: In diesem Beitrag wird nicht geflucht, geschimpft oder brutal angegriffen. Der Beitrag ist zahm. Er erschien zuerst auf der Plattform Swisscom Storys, musste dann aber auf Druck der SVP entfernt werden.)
Diese Woche hat der SVP-Politiker Andreas Glarner seinen Twitteraccount geschlossen. Der berühmt-berüchtigte Social-Media-Kämpe ging sozusagen in einem technischen K.o. zu Boden, weil er die verbalen Konterschläge nicht mehr aushielt.
Die meisten Leute, die in den sozialen Medien unterwegs sind, verhalten sich höflich, berücksichtigen gewisse ungeschriebene oder sogar geschriebene Verhaltensregeln. Das ist so löblich wie langweilig.
Wenn man sich emotional engagiert, darf man aber manchmal einfach auch den verbalen Zweihänder hervornehmen und sich fluchend und keifend für seine Sache in die Bresche werfen, darf hart austeilen und muss dann genauso hart einstecken. Auch wenn dies in der zurückhaltenden Streitkultur der Schweizer verpönt ist.
Normalerweise gilt, dass jeder in der Sprache und Tonalität Antwort bekommt, in der er austeilt. Nicht alle halten das aus. So hat der SVP-Twitterkrieger Andreas Glarner die letzten Jahre hart ausgeteilt und jetzt sozusagen seine Tastatur ins Korn geworfen, weil die anderen Twitterteilnehmer in der gleichen Tonalität und Intensität zurückschossen. Sie seien gemein zu ihm gewesen, gibt er in einem Facebookstatus (!) bekannt. Er hat den Feind unterschätzt und wittert eine staatlich finanzierte Verschwörung.

Die Schlachtweisheit, die Herr Glarner in der Hitze des Gefechtes nicht berücksichtigt hat: «Viel Feindʼ, viel Ehrʼ» – wer sich am lautesten mit dem Schwert auf den Schild schlägt, zieht die meisten Feinde an. Der edle Social-Media-Ritter steht dann knietief in erschlagenen Kommentaren und schwingt seine Tastatur gegen jede neue Welle von Anfeindungen. Das macht den Spass von Social-Media-Schlachten aus. In epischen Auseinandersetzungen kann es sein, dass man sich über Tage mit dem Gegner verbale Scharmützel liefert. Das kann ungeheuer Spass machen. Und es kann passieren, dass man unterliegt.
Wer sich nicht bewusst ist, dass er mit jeder Polemik eine Welle von Myrmidonen mit spitzen Worten und scharfen Kommentaren auf sich zieht, sollte auf bewusste Provokationen à la Glarner verzichten und sich nicht in die Social-Media-Schlachtfelder begeben, sondern gemütlich auf Twitter-Tearoom-Ecke-Konversation machen.
Wie gesagt, es ist nicht jedermanns Sache, sich in die Schlacht zu werfen. Wer es aber dennoch tut, sollte ein paar grundsätzliche Regeln beachten: Man sucht sich keine schwächeren Gegner aus, das wäre Mobbing. Man benutzt die Waffen des Gegners. Je härter das Gegenüber draufdrischt, umso härter darf man selbst antworten. Wenn der Gegner am Boden liegt, tritt man nicht nach.
Und zum Schluss am wichtigsten:
Wenn man selbst unterliegt, heult man nicht. Man steht auf, klopft sich den Staub von der Tastatur und wischt sich das Blut von der Maus – um sich dann irre grinsend in die nächste Schlacht zu werfen.
Wir werden dich und deine ungezielten, wilden Rundumschläge vermissen, Andy Glarner. Wir werden deinen toten Account unter einem Kreuz begraben und davor salutieren.