Der Fehrrorist

Angst vor Druck und Telefonterror hält einige Zürcher SP-Delegierte davon ab, sich frei und offen zur Causa Fehr zu äussern. Anonym werden sie gegen ihn stimmen, aber sich weder öffentlich noch parteiintern erkennbar gegen den Parteifürsten stellen. Für sich allein betrachtet mutet das seltsam an und man könnte meinen, diese Delegierten seien einfach Weicheier. (Und man fragt sich willkürlich, was das für eine Partei ist, in der ein einziges Mitglied die Agenda bestimmt und Leute einschüchtert.)

Ist man aber selbst schon mal mit Fehr aneinander geraten, weiss man, dass diese Angst  vor seinen Aktionen angebracht ist. Ich hab in meiner Zeit als Zürcher Lokaljournalist und auch als Blogger einige Erfahrungen mit Mario Fehr machen dürfen.

Natürlich nie direkt. Er hat immer meine Vorgesetzten angerufen und reklamiert. Nicht einmal angerufen, sondern diverse Male, manchmal bis spät in die Nacht. Hat das nichts genutzt, hat er gedroht, das Medium zu boykottieren. Das heisst, er hat dann (nachweislich) als gewählter Exekutivpolitiker das Gespräch mit einem einzelnen Medientitel verweigert, manchmal für Monate, während er mit ihm genehmen Medien sprach. Das alleine würde in meiner Wahrnehmung schon die Pressefreiheit ritzen.

Nicht jeder meiner Vorgesetzten konnte diesem Druck standhalten, oft auch, weil sie selbst der SP nahe standen. Denn Mario Fehr begnügt sich nicht mit direkten Angriffen, er ruft auch die Freunde, die Vorgesetzten der Vorgesetzten an, wenn nötig den Chefredaktor oder den Verleger. Er benutzt sein ganzes Netzwerk, um Macht auszuüben, um die Berichterstattung zu beeinflussen oder abzuwürgen. Ein Machtmensch mit offenbar nur rudimentärem Verständnis von Presse- und Meinungsäusserungsfreiheit.

Nächste Woche steht die SP-Basis vor der Entscheidung, Mario Fehr wieder  für die Wahl zu nominieren. So will die SP-Führung die Causa Fehr ein für allemal klären.

Das ist blauäugig. Denn die SP hat nicht Probleme mit Mario Fehr. Mario Fehr IST das Problem. Einige mögen meinen, dass die SP einer breiten Meinungsvielfalt Raum geben müsse. Das stimmt. Aber wenn jemand wie Mario Fehr rechtsbürgerliche, antisoziale Asylpolitik betreibt, ist das nicht „breite Meinungsvielfalt“, es ist beliebig. Mario hat mehr Fans rechts ausserhalb der eigenen Partei als bei den eigenen Leuten. Und er führt sich auf, als sei er ein kleiner Diktator.

Alles, was die Zürcher SP in den letzten Jahren an schlechter Presse hatte, nahm irgendwie Bezug auf Mario Fehr.

Ich bin kein SP-Mitglied. In den meisten Abstimmungen bin ich aber auf der Linie dieser Partei. Bei Wahlen sieht das nun anders aus. Ich werde mich bei Kandidaten, die ich nicht kenne, eher für die Grünen oder eine andere Linkspartei entscheiden. Ich wähle Parteien, bei denen ich davon ausgehen kann, dass sie meine Werte in einer Regierung vertreten. In die Exekutive wähle ich Persönlichkeiten, die ihren Job soweit möglich nach gemeinsamen Prinzipien ausüben.

Als liberaler Linker kann ich aber ganz gewiss nicht einen Mario Fehr wählen, der mit den begeisterten Stimmen von Menschen gewählt wird, die meinen Werten diametral widersprechen. Natürlich bin ich kein Parteistratege, sondern ein normaler Demokrat, der daran glaubt, dass die Parteien für Werte und nicht für reinen Machterhalt stehen sollten. Aber vielleicht ist dieser Sitz im Regierungsrat ja auch wichtiger als sozialdemokratische Grundprinzipien.

Und als linker Demokrat kann ich bei Mario Fehr nicht nur nichts Sozialdemokratisches mehr entdecken, ich zweifle auch an seinem demokratischen Verständnis seines Amtes. Ob das nun der Einkauf von (damals illegalen) Staatstrojanern, die Ausschaffung von Kindern und jugendlichen Flüchtlingen, die Ghettoisierung von Flüchtlingen über das Geldregime oder den Aufmarsch von zwei Polizeikorps und Mitarbeitern der Sicherheitsdirektion für ein ausgeschüttetes Bier betrifft.

Mario Fehr wär für mich unwählbar. Als Linker, aber in erster Linie als Demokrat.

Zum Glück stehe ich nicht vor dieser Entscheidung, da ich inzwischen in einem anderen Kanton wohne. Und dort hat auch Marios Telefonterror keine Wirkung 🙂