Eine Replik auf den fremdenfeindlichen und angstgesteuerten „Essay“ von Maurus Federspiel.
Ich bin einer dieser Menschen mit fremdem Namen. Mein Vater ist Nordafrikaner – und spricht sechs Sprachen, die Ihnen wahrscheinlich unheimlich vorkommen, wenn Sie sie in Ihrem Quartier hören. Dazu spricht er Deutsch und Schweizerdeutsch.
Er ist damals durch den Algerienkrieg in die Schweiz gekommen, auf Umwegen über Frankreich. Und das Erste, was er mir vermittelte, war eine Schweiz mit der geilsten Kultur weltweit. Direkte Demokratie, Vielfalt, Sicherheit und vieles mehr. Ich glaub, mein Vater ist der grösste Bünzli, den ich kenne.
Ich ging damals mit Schweizern zur Schule. Und mit Italienern. Und mit Türken. In meinem Schulhaus konnte man viele Sprachen hören. Was man nicht hören konnte, waren Kinder, die andere Kinder wegen deren Kultur oder Herkunft abwerteten, weil sie ihren engstirnigen Eltern nachplapperten.
Ich kann mich daran erinnern, wie die Italiener von kleingeistigen Patrioten als „Gefahr für unsere Frauen“ angesehen wurden. Ich kann mich daran erinnern, dass die türkischen und kurdischen Einwanderer noch etwas schief angesehen wurden. Dass die Portugiesen und Spanier als „fremde Fötzel“ tituliert wurden. Deren Kinder wählen heute als Schweizer. Leider nur zu oft SVP, eine Art Überassimilierung.
Diese Kinder bezahlen unseren Eltern die AHV, ihre Eltern haben die Bahnhofklos geputzt (oder würden SIE diesen Job übernehmen?) und vielleicht hat die erste Generation wirklich kaum Deutsch gesprochen. Die zweite hingegen ist hier zuhause.
Wenn Ihnen die „Fremden“ Angst machen, hat das wenig mit den Menschen zu tun, die Ihnen fremd erscheinen, es hat mit Ihrer persönlichen Unsicherheit und Ihrem fehlenden Glauben an die Schweizer Kultur zu tun.
Statt Angst zu haben und eine Reduit-Schweiz zu schwadronieren, die es so nie gab (dieses Bild wurde im WWII als Teil der geistigen Landesverteidung als Propaganda entworfen, um vier unterschiedliche Sprachregionen und Kulturen zu einer Nation zu schweissen), sollten Sie sich vielleicht mal mit der Geschichte auseinandersetzen. Die Schweiz war schon immer eine multikulturelle Gesellschaft. Von den orthodoxen Juden im Kreis 3 bis hin zu den ungarischen Flüchtlingen in den 50ern, von den italienischen und portugiesischen Gastarbeitern bis zu den vietnamesischen Boatpeople in den 70ern.
Die fehlende Vision ist nicht das Problem der Bundesrätin.
Die fehlende Vision ist IHR Problem, weil Sie es nicht schaffen, über Ihre angstgesteuerte Bias hinaus die Möglichkeiten einer Gemeinschaft zu erkennen, die aus den unterschiedlichsten Menschen besteht und diese unter der grossartigen Idee SCHWEIZ zusammenführt. Egal, woher ihre Eltern oder Grosseltern stammen.
Ihre Angst gründet übrigens darin, dass Sie der helvetischen Kultur nicht die Stärke zutrauen, Fremde aufzunehmen und zu überzeugen.
Ich persönlich kenne keine stärkere Kultur als die der Schweiz. Die Schweiz hat ihre Stärke schon immer daraus gezogen, dass sie Ideen und Identität vermittelte, die verschiedene, höchst unterschiedliche Gruppen zu einer Einheit zusammenschweissen konnte. Zum Besten für alle. DAS ist die Vision.