Die direkte Demokratie, in der es einem Kandidaten auch möglich ist, ohne Parteiunterstützung in ein Parlament oder eine Exekutive gewählt zu werden, ist grossartig. Nur so zeichnen Parlament und Regierung ein kongruentes Bild der Bevölkerung.
Nun haben auch Parteipolitiker entdeckt, dass sie eigentlich keine Unterstützung ihrer Parteien brauchen. Während Maudet sich im Welschland gegen die explizite Missbilligung seiner Partei mit Zähnen und Klauen an seinen Staatsratssessel klammert (und auf die Unterstützung der Wähler hofft), geht Roger Köppel schnurgerade an seiner eigenen Partei vorbei auf den Ständeratssitz los. Natürlich macht er das in erster Linie, weil ihm sein Parlamentsposten in der grossen Kammer nicht passend für sein Ego erscheint. Aber dahinter verbergen sich mehr Ambitionen, als auf den ersten Blick erkennbar sind.
Es ist so ziemlich dasselbe, das Trump damals bei den Präsidentschaftswahlen gemacht hat: Man heftet sich eine Parteiplakette an, kandidiert wild und hofft, dass man im Nachhinein die Unterstützung der eigenen Leute bekommt.
Wenn Köppel gewählt wird, hats der Kanton Zürich nicht anders verdient. Das ist Demokratie. Aber darum gehts mir eigentlich nicht. Es ist Köppels Mittelfinger an die Parteikollegen, der wirklich zählt. Das kleine Detail, dass die Info nicht über Parteikanäle sondern über Köppels Weltwoche-Account verbreitet wurde, ist nur eines von vielen Indizien, dass Köppel sich nicht besonders um die SVP-Spitze schert.
In einer Partei, die so hierarchisch organisiert ist und kommuniziert, wird sich Köppel mit seinem arroganten Alleingang nicht viele Freunde machen. Seine Parteikollegen werden in der Öffentlichkeit die Zähne zu einem falschen Lächeln zusammenbeissen und gute Miene zum bösen Spiel machen. Sie werden hoffen, trotzdem von seinem populistischen Alleingang profitieren zu können, wenigstens Brosamen aufsammeln.
Köppels Coup trifft nicht in erster Linie die Zürcher Wahlen, sondern seine eigene Partei. Wer so fesch an den Parteiregeln vorbeischreitet und dabei noch Schulterklopfen verteilt, scheint sich seiner Sache sicher zu sein. Es ist ein Griff nach der Macht in der SVP, ein Angriff auf die Partei-Elite.
Aber explizit läuft es auf einen Machtkampf zwischen der designierten Thronfolgerin Martullo-Blocher und dem Renegaten Köppel hinaus. Wer gibt in Zukunft den Kurs vor? Wer bestimmt die Personalien?
Btw: Bei nächsten Bundesratswahlen ist Martullo-Blocher bereits in den Startlöchern („Wenn man mich braucht, werde ich das Opfer bringen“-Blabla) und der Roger hat sich mit seinem Alleingang gerade als Alternative angeboten.