Köppel: «Ich bin Feminist!»

Roger Köppel spricht über Frauen. Roger Köppel spricht über Frauen.

« … ein Nichts von einem T-Shirt, das Relief ihrer perfekten Brüste unter makelloser weisser Baumwolle, Pardon, fast mit Händen zu greifen» – nein, diese pubertär-libidinöse Poesie stammt weder aus dem Musenalp Express der 80er, noch aus dem Tagebuch eines pickligen Gymnasiasten, es ist ein Ausschnitt aus Roger Köppels aktuellem Editorial in der Weltwoche. Er schreibt über eine junge Influencerin, die sich trotz erotischer Bilder als Feministin versteht.

Soweit, so komisch (und ein wenig unheimlich). Tragisch ist jedoch, dass Köppel eine Definition von Feminismus von sich gibt, nach der man/frau sich nur die Augen reiben kann. Zitat:

«Feminismus ist bekanntlich eine Art Neidsozialismus unter Frauen. Es geht am Ende darum, Unterschiede einzuebnen, Ungleiches gleich zu machen.»
Roger Köppel

Hier zeigt sich, dass der alte Mann den Unterschied zwischen «gleich» und «gleichwertig» kognitiv noch nicht erfassen konnte. Und er denkt wirklich, dass Feministinnen für Lohngleichheit unter Frauen  kämpfen? Nein, Themen wie Lohngleichheit kommen Köppel beim Begriff «Feminismus» gar nicht erst in den Sinn. Es sind andere Sachen, die den Roger beschäftigen:

«Schönere Frauen sollen am Arbeitsplatz, aber auch bei Männern keine Vorteile gegenüber weniger schönen Frauen haben, was natürlich eine realitätswidrige Forderung ist, aber wie der Sozialismus ist eben auch der Feminismus ein Aufstand gegen die Wirklichkeit, eine Revolte gegen die menschliche Natur.»

Roger Köppel

Köppel definiert die Beziehung zwischen den Geschlechtern und auch den Feminismus nur über den Term «Ficken». Ich weiss ja nicht, wie die Wikipedia-Definition von «Sexist» aussieht, aber ich bin ziemlich sicher, dass da an der Seite ein Bild von Roger Köppel zu sehen ist.

Natürlich besteht in seiner Wirklichkeit™ (est. 40 000 b.c.) nicht die Möglichkeit, dass Frauen Männer beruflich in den Schatten stellen könnten. Männer sind ja übergeordnet. Er denkt, Feminismus finde zwischen Frauen statt, weil «feminin» ja bekanntlich irgendwas mit weiblich zu tun hat.

Als einzigen Sinn im Feminismus erkennt Köppel den Wettstreit zwischen «attraktiven» und «weniger attraktiven» Frauen. Natürlich gewinnen Frauen ihren gesamten Selbstwert und ihre Identität aus der Messlatte (!), die angibt,  wie geil ein Köppel und seine Kollegen sie finden. Unwillkürlich fragt man sich, mit welchen Augen Roger seine jüngeren Kolleginnen (die damals aufstrebende Natalie Rickli?) oder die Töchter seiner Parteikollegen betrachtet. Man will aber die Antwort nicht wirklich wissen.

Wenn man seine anderen Aussagen zum Thema anschaut, begründet er seine Wirklichkeit™ (est. 40 000 b.c.) damit, dass Männer begehren müssen, Frauen aber der Part des Begehrtwerdens zukommt. Weil Biologie und so. Natürlich pissen wir auch noch in die Ecken unserer Wohnungen, um unsere Territorien zu markieren, weil Biologie und so. Mit einem Kindergarten-Verständnis von Social Behavior in der evolutionären Entwicklung des Menschen greift er pseudowissenschaftliche, biologistische Argumente aus der Luft.

Natürlich darf man sich da als Aussenstehender etwas fremdschämen, wenn man erkennt, wie Köppels geschlechterbezogene Wirklichkeit™ (est. 40 000 b.c.) sich entwickelte. Man kann sich genau vorstellen, wie der junge Köppel auf dem Pausenhof in die Mädchenecke schielte und begehrte. Natürlich, ohne dass dieses Begehren erwidert wurde.

So weit, so peinlich. Wirklich lustig wird es aber, wenn Köppel Feminismus eigentlich blöd findet. Ausser die Feministin hat hübsche, «fast mit Händen zu greifende» Brüste.

Dann findet Köppel Feminismus super.

Anmerkung: Köppels Frau hat sich nichts zuschulden kommen lassen, ist keine Figur des öffentlichen Lebens und sollte nicht in Sippenhaft für ihren Mann genommen werden. Also lasst die abwertenden Kommentare bitte.