Liberale Werte für Dummies

Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – die Eckpfeiler liberaler Grundwerte, wie sie von den Paten des Freisinns/der Radikalen – von den Freimaurern – einmal definiert wurden, gingen wohl bei den heutigen „Liberalen“ verloren.

Zuerst einmal scheinen sie sich nur an den Wert „Freiheit“ zu erinnern, und auch da nur an die individuelle und unternehmerische Freiheit.

Falsch.

Die humanistisch-liberalen Grundwerte wurden nicht für das Individuum definiert, sondern als Grundlage einer neuen, demokratischen Staatsform. Also, die Typen wollten sicherstellen, dass keine Institution, Gruppe oder Person sich an Macht über die anderen stellen konnte. Um das zu gewährleisten, wollten sie einen Staat bauen, der nach diesen Prinzipien funktioniert. Dabei sollte dieser Staat, nach Recht und Gesetz, andere Machtbestrebungen unterbinden.

Und Freiheit ist nur eines der drei gleichberechtigten Prinzipien.

Die Brüder Freimaurer waren keine Idioten und kannten die Gier des Individuums nach Macht und Besitz. Die Werte „Gleichheit“ und „Brüderlichkeit“ wurden formuliert, um die individuelle Freiheit und das Macht- bzw. Besitzstreben in Schach zu halten.

Während das Prinzip „Gleichheit“ sowohl die Rechtsgleichheit wie auch die Voraussetzungen für Machtanspruch bzw. Besitz (nach Leistung, nicht nach Erbe oder Stand) beschreiben sollte, definierte der Begriff „Brüderlichkeit“ die soziale Verantwortung zwischen Staat und Individuum und zwischen Individuum und Individuum.

Während die heutigen Liberalen unter Freiheit in erster Linie „Verantwortungslosigkeit“ verstehen, sind ihnen die beiden anderen, gleichwertigen Prinzipien völlig abhanden gekommen. Was eigentlich erstaunlich ist, da unsere Verfassung noch immer auf diesen Prinzipien gründet, geschrieben von einem Freimaurer.

Und darin steht nicht „Werdet reich, kümmert euch nicht“ oder „Gebt den Armen Almosen“ oder „Euer höchstes Ziel soll sein, Steuern zu vermeiden“.

Darin steht:

« … in der Verantwortung gegenüber der Schöpfung,
im Bestreben, den Bund zu erneuern, um Freiheit und Demokratie, Unabhängigkeit
und Frieden in Solidarität und Offenheit gegenüber der Welt zu stärken,
im Willen, in gegenseitiger Rücksichtnahme und Achtung ihre Vielfalt in der Einheit
zu leben,
im Bewusstsein der gemeinsamen Errungenschaften und der Verantwortung gegenüber den künftigen Generationen,
gewiss, dass frei nur ist, wer seine Freiheit gebraucht, und dass die Stärke des Volkes sich misst am Wohl der Schwachen …»

Natürlich konnten sich die Brüder damals das Ausmass wirtschaftlicher Macht von Unternehmen heute nicht vorstellen. Und sie konnten nicht ahnen, dass es ihre Nachfolger sein würden, die den Begriff „Gleichheit“ durch Anhäufung von Reichtum und der damit verbundenen Macht wieder ad absurdum führen würden. Shit happens.

Die Grundidee des liberalen Staates war die Vermeidung einer Machtkonzentration. Geld ist Macht.

Also, bitte, meine Freunde, die sich „liberal“ nennen: Besinnt euch wieder auf Werte, die sich nicht auf Konten einzahlen lassen.