In den letzten Wochen und Monaten höre ich immer wieder den Vorwurf, „Sozialist“ zu sein. Mit meinen Ideen und meinem Weltbild auf einer Linie mit Maduro, Mao und Marx.
Meist kommt der Müll von libertären Bubis, die sich als das letzte Bollwerk der Freiheit verstehen, und denken, sie würden eine sozialistische Diktatur verhindern, wenn sie die Grünliberalen mit Stalin vergleichen.
Ich stelle mich natürlich der Kritik, der Frage. Bin ich Sozialist? Natürlich hab ich Marx gelesen, Bakunin auch, Trotzki. In meiner verwirrten Jugend glaubte ich an die Notwendigkeit einer Revolution und war irgendwie überrascht, dass der Schweizer Mittelstand da nicht mitzog.
Aber ehrlich, heute glaube ich nicht mehr daran, dass man mit ideologischen Gedankengebäuden aus dem späten 19. und dem frühen 20. Jahrhundert irgendwie die Gesellschaft des 21. Jahrhunderts gestalten kann. Ich glaube grundsätzlich nicht daran, dass man mit starren Ideologien einer sich schnell verändernden Menschheit irgendwie gerecht wird. Ideologien sind das Gegenteil von Lösungen, weil sie weder das Wesen des Menschen noch die Veränderung adaptieren. Und ich sehe Maduro auf Augenhöhe mit Bolsonaro, Stalin mit Hitler.
Bin ich links? Ohne Zweifel. Für mich bedeutet das, dass ich grundsätzliche Werte wie Menschenrechte, Gleichwertigkeit von Individuen – ohne Ansicht von Herkunft, Hautfarbe, Genitalien, sexueller Ausrichtung oder Identität, Religion oder Besitz – und Empathie, Verantwortung und Gemeinsinn als Orientierung für meine politischen Ansichten nehme.
Also, in meinen kurzen, einfachen Worten: Nur, weil ich mir Mühe gebe, kein egomanes, verantwortungsloses, asoziales Arschloch zu sein, bin ich nicht „Sozialist“. Ich bin überhaupt kein „-ist“. Ich bin einfach jemand, der sich bemüht.
Ich bin Demokrat. Und in diesem Rahmen versuche ich, die Gesellschaft so mitzugestalten, dass alle etwas davon haben. Ich bin in keiner Partei, auch wenn ich anerkenne, dass es für unser System Parteien braucht. Ich versuche Menschen zu wählen und zu unterstützen, die weitgehend meine Werte teilen, und nicht solche, die eine Fahne schwingen oder pathetische Phrasen von Freiheit und was weiss ich schwafeln.
So gesehen müsste ich wohl eine eigene, linke Bewegung gründen, die sich nur einem einzigen Ziel verschreibt: Menschlichkeit.
Aber wir wissen alle, dass sowas nach ein paar Jahren eine Partei wie jede andere wär. Deshalb bleib ich lieber Einzelaktivist mit dem Glauben an das Gute.