Sorry, zuerst einmal ein Spoiler: Es gibt keinen leichten Weg aus der Klimakrise.
Darum hier ein bisschen deprimierender Klartext:
All die netten Schlagworte wie „klimaneutral“, „climat positive“ oder „Kostenwahrheit“ sind hübsche Masken, um uns unseren Konsum weiter ohne schlechtes Gewissen zu ermöglichen.
Zum Beispiel bedeutet „klimaneutral“ oder „climat positive“ nicht, dass beim Produkt oder der Dienstleistung kein CO2 anfällt. Es bedeutet bei uns nur, dass wir irgendwen bezahlen, um die gleiche Menge CO2 nicht in die Umwelt zu entlassen. Das ist Bullshit. Bei der jetzigen Menge CO2 in der Atmosphäre wäre „klimaneutral“, wenn weder hier noch woanders für oder durch ein Produkt oder eine Dienstleistung CO2 freigesetzt würde. „Klimaneutral“ bedeutet also keinesfalls „nicht schädlich“, sondern nur „weniger schädlich als bisher“.
Es bedeutet nicht, dass wir etwas reparieren. Es bedeutet, wir machen weniger kaputt.
Selbst wenn wir dafür eine Massnahme finanzieren, die die gleiche Menge CO2 aus der Luft filtert, nimmt die Erderwärmung zu, weil die Belastung durch CO2 dann gleich bleibt. Sie nimmt dadurch nicht ab.
Das Zauberwort ist „emissionsfrei“. Das bedeutet, dass die Produkte oder Dienstleistungen weder in Herstellung noch in Gebrauch, bzw. in Anspruchnahme Emissionen produzieren, die CO2 oder andere Treibhausgase in die Atmosphäre entlassen.
Es gibt kaum emissionsfreie Produkte oder Dienstleistungen, die auf einer globalen Skala relevant sind.
Die irrige Annahme, wir könnten den gleichen Lebensstil beibehalten und trotzdem wirksam gegen die Klimaerwärmung vorgehen, dabei sogar noch Profit machen und weiter sinnlos konsumieren, ist eine glatte Lüge, die mit vielerlei Rechnungstricks untermauert wird.
Viele meiner liberalen Bekannten meinen, mit „Kostenwahrheit“ würde der Markt dann den CO2-Ausstoss von selbst regulieren. Mit „Kostenwahrheit“ werden aber wieder nur die Massnahmen gerechnet, um die entstehenden CO2-Belastungen auszugleichen. Auch hier, kein positiver Effekt, sondern Nullsummenspiel. Denkt man.
Aber eigentlich ist auch das Bullshit: Bei „Kostenwahrheit“ werden effektiv nur die Vermeidungskosten und nicht die Folgekosten eingerechnet. Wenn man auf jedes Kilo CO2 die globalen Kosten der Klimaerwärmung herunterrechnen würde, jeden Flächenbrand, jede Dürre, jede Hungersnot, jeden Ernteausfall, jede Überschwemmung, jede kommende Flüchtlingskrise, dann könnte man davon ausgehen, dass der Markt WIRKLICH die CO2-Belastung zurückschrauben würde. Weil dann jedes Produkt so teuer würde, dass wir es uns nicht mal mehr in der Schweiz leisten könnten. Jedes verfluchte Produkt.
Also, es gibt keinen leichten Weg aus der Klimakrise, keinen Tesla, in dem wir die Menschheit aus der Gefahrenzone fahren können, keine App, die uns das CO2 wegrechnet, keine hippen Konsumgüter, die die Welt beim Kauf wieder in Ordnung bringen.
Der einzige Weg zu einem für Klima verträglicheren Leben ist Verzicht auf einen grossen Teil unseres Konsums. Und niemand wird freiwillig auf Konsum verzichten, das ist nur durch Gesetze möglich.
Natürlich ist das eine Scheissbotschaft. Darum will auch niemand damit Politik machen. Niemand will seinen Wählern sagen, dass sie ihren Lebensstil massiv einschränken müssen, wenn sie den Planeten für die nächsten Generationen noch belebbar erhalten wollen.
Da die Klimakatastrophe aber die grösste Herausforderung der Menschheit ist, neben der sich die beiden Weltkriege wie Pipifax ausnehmen werden (man kann das Klima nicht besiegen, nicht verhandeln, sich nicht mal ergeben), ist es Zeit, dass wir wenigstens aufhören, uns zu belügen und unser Gewissen mit Floskeln zu beruhigen.
Irgendjemand muss uns Kaisern sagen, dass wir keine Kleider tragen. Irgendjemand muss uns ins Gesicht sagen, dass wir Gesetze brauchen, um den Konsum lokal, national und weltweit einzuschränken. Es wird sicher nichts nützen und es wird noch lange nichts geschehen, aber niemand kann dann sagen „Wir haben nichts gewusst!“.
Oder helft IHR dabei, etwas endlich richtig zu machen?