Diese «Mohrenkopf»-Sache: Rassismus durch Ignoranz

Ich hab mich gestern dazu geäussert, dass man leicht auf den Begriff «Mohrenkopf» verzichten kann, wenn man dadurch keine Menschen mehr verletzt, die seit Kindheit mit diesem Ausdruck beschimpft wurden.

Und ich war überrascht, wie viel Rassismus durch Ignoranz oder Selbstgefälligkeit diese Aussage zutage kommen liess. Nicht durch die Leute, die aus Gewohnheit noch Mohrenkopf sagen. Das tu ich selbst, auch wenn ich es mir abgewöhnen will. Sondern durch die Leute, die ihre persönliche Freiheit, den Weiterbestand des Abendlandes, ihre kulturelle Identität und was weiss ich in Gefahr sehen, wenn sie den Haufen aus Fett, Zucker und Eiweiss nicht mehr kolonial-rassistisch benennen dürfen.

Und es ist nicht die Frage der Gewohnheit. Wir haben den Wechsel von Raider zu Twix überlebt, ohne dass irgendwer einen Aufstand machte. Dass dies bei Mohrenkopf anders ist, hat WIRKLICH damit zu tun, dass sich die Leute ihren Alltagsrassismus aus Ignoranz oder Selbstgefälligkeit nicht nehmen lassen wollen.

Es kamen jede Menge Beispiele, wie «dass man dann Weissbrot auch umbenennen müsste», und, und, und … Wer aber solche Vergleiche zieht, zeigt sich als Teil des strukturellen Rassismus, weil er die Tatsache des seit Jahrhunderten andauernden Rassismus gegen Schwarze einfach ignoriert. Leute, die denken, wenn sie auf diese Bezeichnung verzichten müssten, wäre das schon fast gleichwertig mit Rassismus.

Ein anderes Argument war, dass «man damit den Rassismus nicht überwindet». Schon klar. Aber man würde ihn dann nicht auch noch im Alltag durch einen Ausdruck weiterhin pflegen. Man setzt damit ein Zeichen, dass einem das Vorgehen gegen traditionelle, rassistische Muster wichtiger ist, als das Recht darauf, eine Süssspeise weiter mit abwertender Konnotation zu bezeichnen. Es wäre eine kleine Geste, ein winziger Schritt, um den nichtweissen Mitgliedern unserer Gesellschaft zu signalisieren, dass sie ernst genommen werden.

Die gleichen dämlichen Argumente kamen damals, als in Deutschland «Negerküsse» umbenannt wurden. Und käme es heute einem Schweizer in den Sinn, die Teile «Negerküsse» zu nennen? Nein, das wäre rassistisch, nicht? Aber die Schweizer Version ist es nicht?

Der Aufschrei der rechten und liberalen Mohrenkopf-Fraktion ist entlarvend und peinlich zugleich. Sie geben einen Scheissdreck drauf, wer verletzt wird, denken, sie würden ihre kulturelle Identität schützen und werfen sich in die Brust, als wolle man die Bundesverfassung ändern.

Also, fragt euch kurz: Ist mir der Ausdruck «Mohrenkopf» so viel wert, dass ich es in Kauf nehme, jeden schwarzen Menschen, der damit in der Schule, im Vorbeigehen, im Job, in der Badi und überall sonst schon beleidigt wurde, erneut zu verletzen? Und falls ja, fragt euch, warum ihr euren rassistischen Gewohnheitsscheissdreck so innig verteidigt. Wie viel Rassismus steckt in dieser Verteidigung, wenn man sein Recht auf «Mohrenkopf» höher gewichtet als die Verletzungen schwarzer Mitbürger?

Es ist so ein kleiner Schritt. Und wenn das schon zu viel verlangt ist, wie sollen wir dann echten Rassismus angehen? Und damit meine ich nicht den der Rechtsextremen und der Nazis, sondern unseren eigenen, unbewussten.